Scheibchenweise auf Platz 1

Veröffentlicht am 14.11.2018 15:09 von NH-Nachrichten

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Florian Neuhaus siegt mit seiner zylindrischen Stele beim Wettbewerb „Die Gute Form – Tischler gestalten ihr Gesellenstück“ in NRW

Tischler NRW-Vorstandsmitglied Thomas Klode (3.v.l.) und Gestaltungsberater Hans Christoph Bittner (2.v.l.) mit den Siegern und Belobigten der „Guten Form 2018“ (v.l.): Josua Mazurek, Matthias Wierz, Florian Neuhaus, Melwin Silvester Röllecke, Marcel Fromm und Laurens Hübsch.

Tischler NRW-Vorstandsmitglied Thomas Klode (3.v.l.) und Gestaltungsberater Hans Christoph Bittner (2.v.l.) mit den Siegern und Belobigten der „Guten Form 2018“ (v.l.): Josua Mazurek, Matthias Wierz, Florian Neuhaus, Melwin Silvester Röllecke, Marcel Fromm und Laurens Hübsch.
Bild: Bettina Engel-Albustin

Auf Platz 1 geht es rund: Mit seinem Gesellenstück zeigt Florian Neuhaus, dass ein Möbel auch ohne Korpus auskommen kann. Mit seiner zylindrischen Stele „Round about“ aus HPL und geschwärzter Eiche überzeugte der junge Tischler aus Duisburg die Jury und darf sich über den Sieg beim Landeswettbewerb „Die Gute Form 2018“ freuen. Das Möbel von Florian Neuhaus ist eines von 43 Gesellenstücken aus ganz NRW, die auf dem rund 630 Quadratmeter großen Messestand des Fachverbandes Tischler NRW noch bis zum 18. November 2018 zu sehen sind.

Bei dem Siegerstück verschwimmen die Grenzen zwischen Möbel und Objekt. Florian Neuhaus, der seine Ausbildung bei der Tischlerei Reichenberg-Weiss in Neukirchen-Vluyn absolviert hat, hat seine Stele aus lauter dünnen Scheiben konstruiert. Diese sind mit deutlichem Abstand auf vertikale Stäbe geschichtet, lassen sich zusammenschieben und werden von Magnetkraft gehalten, so dass sich ein Fach öffnet. Rundherum sind die Scheiben mit Kreide beschriftet und werden so zum Träger von Lyrik – in diesem Fall von einem Gedicht aus der Feder des deutschen Schriftstellers Rolf Dieter Brinkmann. „Der Text handelt vom Weitermachen“, sagt der 22-Jährige. „Das fand ich in Bezug auf die Zukunft nach dem Gesellenstück sehr passend.“ Für Florian Neuhaus geht es jetzt erst einmal als Geselle weiter. Er kann sich ein Architekturstudium gut vorstellen. Ebenso würde er aber auch gerne seinen Meister machen, um vielleicht irgendwann einen eigenen Betrieb aufzubauen. Die Jury lobt vor allem die kleinen Details des Gesellenstücks: „Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck von entschiedener Klarheit, deren Härte durch die umlaufende Handschrift aber freundlich gemildert wird. Beim Schließen des Fachs lose herabfallend, werden die Scheiben mit einer gewissen Ungenauigkeit gehalten. Dadurch entsteht eine Zufälligkeit, eine gezielte Unschärfe, die sich auch in der leicht unregelmäßig und mit Sägespuren geschnittenen Außenkontur der Scheiben zeigt.“

Platz 2: Barschrank mit durchsichtigem Korpus
Mit seinem Barschrank landete Melwin Silvester Röllecke aus Meschede (Ausbildungsbetrieb: Fabri GmbH & Co. KG, Meschede) auf dem zweiten Platz. Neben der Tischlerei und der Naturverbundenheit sind Kochen und Genuss weitere Leidenschaften des 21-Jährigen – und so war für ihn schnell klar, dass auch sein Gesellenstück etwas damit zu tun haben soll. Der junge Geselle, der nun ein Studium in Ernährungswissenschaften aufgenommen hat, hat sein Gesellenstück mit so konstruiert, dass es auch als Lichtmöbel funktioniert. Schmale Teakholzleisten werden von Acrylglasscheiben auf Abstand gehalten, sodass man die im Inneren eingesetzte LED-Beleuchtung auch von außen sehen kann. „Proportion, Rhythmus, Genauigkeit“ – die Jury hebt bei diesem Gesellenstück die grundsätzlichen Aspekte guter Gestaltung hervor. „Alle Beschläge sind filigran ausgeführt und bis an die Grenze des Möglichen reduziert. Und dabei erstaunlich praktisch, wie die Höhenverstellbarkeit des Fachbodens zeigt.“

Esstisch aus Esche und Stahl belegt Platz 3
Laurens Hübsch hat aus klassischen, handwerklichen Zutaten ein sehr stimmiges und gelungenes Möbel gebaut. Dafür zeichnet ihn die Jury mit dem 3. Preis aus. Für seinen Esstisch hat der 23-Jährige, der bei der Schreinerei Hampel in Bonn ausgebildet wurde, die Materialien Esche und Stahl verwendet. „Ich wollte mir einfach ein Möbel bauen, von dem man lange etwas hat – so hochwertig wie es geht aus Massivholz.“ Die Jury lobt die gelungene Materialkombination: „Die Sorgfalt der Holzauswahl und die handwerkliche Konstruktion verdeutlichen die lebendige Tradition, die im Tischlerhandwerk zuverlässig zuhause ist. Platte und Zarge werden von den Fußstollen aus scharfkantig gefügtem Stahlblech getragen – eine treffend ausgewählte Materialergänzung.“

Drei Belobigungen
Neben den drei Siegern zeichnete die Jury drei weitere Stücke mit Belobigungen aus: Eine Belobigung erhielt Matthias Wierz (Ausbildungsbetrieb: Tischlerei Frank Czasny, Langenfeld) für seinen Sekretär aus Eiche, der an drei Seiten mit gerostetem Stahlblech eingefasst ist. Der Deckel des Korpus lässt sich mit einem ausgeklügelten Mechanismus nach hinten schieben, so dass Bewegungsfreiraum für den Benutzer entsteht. Insbesondere für diese selbst entwickelten und gut bedienbaren Beschläge spricht die Jury eine Belobigung aus. Eine weitere Belobigung geht an den Wuppertaler Marcel Fromm (Ausbildungsbetrieb: Tischlerei Hans Bolender, Wuppertal) für sein „Kantholzkarussell“. Das Besondere an dem Gesellenstück, das wie ein schlichtes Wandbild designt ist: Nur mit den Fingerkuppen lässt sich die kleine, geheime Öffnung ertasten, die herausgezogen einen Minischubkasten öffnet und hineingedrückt von einem auf der Rückseite eingebauten Karussell mitgenommen wird, das insgesamt vier kleine Auszüge wie Gondeln passgenau vor die Öffnung fährt. Ebenso eine Belobigung erhält Josua Mazurek (Ausbildungsbetrieb: Fachhochschule Dortmund) für seinen Schreibtisch aus Birke. Die Jury lobt: „Die eingesetzten, gelb lackierten Blenden spielen mit dem zufälligen Muster geometrischer Formen in mehrlagiger Schichtung. Ganz so zufällig auch wieder nicht: vorausschauend geplant gibt es Kreuzungspunkte, die sich überlagern und so die Befestigung der Blende von innen ermöglichen.“

Chancen beim Bundeswettbewerb
Experimentieren, kreatives Potenzial fördern und fordern – das ist das Ziel des Gestaltungswettbewerbes „Die Gute Form“. Seit über 30 Jahren zeigt das Tischlerhandwerk in NRW mit dem Wettbewerb und einer Ausstellung der prämierten Gesellenstücke, wie gestalterisch begabt die Nachwuchskräfte sind. Die drei Sieger dürfen sich über Geldpreise in Höhe von 750, 600 und 500 Euro freuen. Die Siegerstücke auf Platz 1 und 2 werden zudem im Mai 2019 beim Bundeswettbewerb im Rahmen der Messe Ligna in Hannover an den Start gehen.

„Die Gute Form 2018 NRW“ – Die Jury

Gritt Bartels
Innenarchitektin, Bartels & Klang Innenarchitektur, Gelsenkirchen

Manfred Stommel-Prinz
Architekt, atelier prinz, Bergisch Gladbach

Paul-Gerd Rössling
Tischlermeister, Tischlerei Rössling, Solingen

Rainer Söntgerath
Tischlermeister, Wohn-Room Innenausbau, Köln
Verbandsvorsitzender Tischler NRW

Hans Christoph Bittner
Gestaltungsberater Tischler NRW

Kontakt

Fachverband Tischler
Nordrhein-Westfalen

Kreuzstr. 108-110
D-44137 Dortmund
T.  +49 (0)231 / 91 20 10-0
F.  +49 (0)231 / 91 20 10-10
verband@tischler.nrw

 

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