Optimismus merklich abgeschwächt – Geschäftsklima bei 80 Prozent

Veröffentlicht am 25.10.2023 11:53 von NH-Nachrichten

Herbst-Konjunkturumfrage der HWK Dortmund

Das Stimmungsbild in den KH-Bezirken
© Handwerkskammer Dortmund

Kammerbezirk. Im Handwerk driften die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage und die Erwartung für das kommende halbe Jahr deutlich auseinander. 86 Prozent der Betriebe bewerten laut Herbst-Konjunkturumfrage ihre derzeitige wirtschaftliche Situation gut bis zumindest befriedigend (Herbst 2022: 85 Prozent). Dass dies im nächsten Halbjahr auch so bleibt, glauben indes nur 73 Prozent (Herbst 2022: 58 Prozent). Damit hat sich der Optimismus vom Frühjahr 2023 – 83 Prozent – merklich abgeschwächt. Im Ergebnis liegt das Geschäftsklima, also der Mittelwert aus Geschäftslage und Erwartungen, bei 80 Prozent.

Die Konjunkturindikatoren: 22 Prozent der befragten Unternehmen haben Aufträge dazugewonnen, 32 Prozent mussten Einbußen hinnehmen. Rückgänge beim Gesamtumsatz gab es bei 29 Prozent der Betriebe, 23 Prozent berichten von Steigerungen. Höhere Investitionen tätigten 23 Prozent, doch bei 28 Prozent der Handwerksunternehmen sind sie geringer ausgefallen. Dieser Negativtrend verstärkt sich offenbar, denn lediglich 16 Prozent planen, bis zum nächsten Frühjahr stärker zu investieren – 36 Prozent erwarten Rückgänge. Die Beschäftigtenzahlen sind bei einem Fünftel der Betriebe gestiegen, bei 23 Prozent waren sie rückläufig. Die durchschnittliche Auftragsreichweite liegt derzeit bei 8,3 Wochen (Herbst 2022: 8,7 Wochen). Gleichwohl arbeiten 60 Prozent aller Betriebe mit einem Auslastungsgrad von 90 Prozent oder mehr. Über alle Gewerke hinweg beträgt der aktuelle Auslastungsgrad 85 Prozent. Mehrheitlich gestiegen ist nur das Preisniveau, und zwar bei 54 Prozent der Betriebe (Herbst 2022: 74 Prozent).

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund
Foro: Marcel Kusch / Handwerkskammer Dortmund

„Nahezu alle Konjunkturindikatoren zeigen, wie herausfordernd die aktuelle Situation für unsere Betriebe ist“, sagt Kammer-Präsident Berthold Schröder. „Trotz Strom- und Gaspreisbremsen machen die hohen Energiekosten dem Handwerk weiterhin zu schaffen. Hinzu kommen die anhaltend hohe Inflation, die Konsumzurückhaltung und das Fehlen von Fachkräften.“ Dabei sei die Stimmungslage von Gewerk zu Gewerk unterschiedlich. „Besonders stark betroffen sind die Gesundheits- und Nahrungsmittelhandwerke. Aber auch die Handwerke für den Gewerblichen Bedarf kämpfen mit der angespannten Wirtschaftslage.“ Kritisch sei auch die Situation im Baugewerbe, auch wenn sich die derzeitige Stimmungslage noch auf hohem Niveau bewege. „Die Rahmenbedingungen sind alles andere als gut. Steigende Bau-, Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten wirken sich zunehmend negativ auf die Nachfrage nach Bauleistungen aus. Die gut gefüllten Auftragsbücher leeren sich. Auf Bundesebene rechnet man für das Jahr 2023 bereits mit einem Umsatzrückgang von real 7 Prozent im Bauhauptgewerbe. Außerdem befürchten wir, dass die Beschäftigung im Baubereich noch in diesem Jahr abnehmen wird. Dadurch gehen wertvolle Fachkräfte verloren, die für die Umsetzung künftiger Bauvorhaben, z. B. beim Wohnungsbau, dringend gebraucht werden. Darum müssen die auf dem Wohnungsbaugipfel beschlossenen Maßnahmen jetzt schnell und möglichst unbürokratisch umgesetzt werden. Sonst schlittern wir auf eine Krise zu.“

Bauhauptgewerbe: Mit 91 Prozent ist die Stimmung trotz schwieriger Rahmenbedingungen sehr gut, auch wenn sie im Vergleich zum Herbst 2022 (95 Prozent) geringer ausfällt. Bei einem Fünftel der Betriebe hat sich die Auftragslage verbessert, bei 32 Prozent war sie rückläufig. Investitionen tätigten lediglich 16 Prozent der Betriebe – deutlich weniger als im übrigen Handwerk (23 Prozent). Die Auftragsreichweite ist mit 12,5 Wochen weiterhin die höchste aller Gewerke. Dank anhaltend starker Auslastung (durchschnittlich 93 Prozent) haben 26 Prozent der Betriebe ihre Mitarbeiterzahl erhöht. Preiserhöhungen gab es bei 44 Prozent der Bauunternehmen. Die Erwartungen für das kommende halbe Jahr sind mit 69 Prozent nicht wirklich optimistisch, doch deutlich besser als noch vor einem Jahr (50 Prozent).

Ausbaugewerbe: Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage fällt in dieser Gruppe mit 92 Prozent (Herbst 2022: 90 Prozent) am besten aus. Die Konjunkturindikatoren sind durchweg positiv: Für je 27 Prozent haben sich Auftragslage und Umsatz verbessert. 23 Prozent der Unternehmen haben mehr investiert (25 Prozent weniger), 61 Prozent ihre Verkaufspreise erhöht (6 Prozent gesenkt). Die durchschnittliche Auslastung liegt bei 89 Prozent, die Auftragsreichweite beträgt 9,1 Wochen. Die Erwartungen bis zum nächsten Frühjahr sind mit 71 Prozent etwas verhalten.

Kreishandwerksmeister Christoph Knepper (KH Hellweg-Lippe): „88 Prozent der befragten Betriebe aus der Hellweg-Lippe Region sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden (90 Prozent im Herbst 2022). Dieses hohe Niveau kann nur gehalten werden, wenn es gelingt, deutlich mehr Fachkräfte für das Handwerk in der Region zu gewinnen und endlich ganz pragmatisch die unerträglichen Bürokratielasten zu senken.
Im Bereich der Fachkräftegewinnung gibt unsere Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe u. a. mit der Kampagne ‚Handwerker. Klimaschützer von Beruf‘ Vollgas und erzielt bereits gute Erfolge. Bei den Lebensmittel-Handwerken ist der Mangel an Verkaufskräften jedoch derart eklatant, dass Filial- und Betriebsschließungen unausweichlich sind, sofern neue Betriebs- und Verkaufskonzepte nicht greifen. Besonders alarmierend ist die aktuelle Lage bei Baubetrieben mit Schwerpunkt Eigenheimbau. Diese verzeichnen aufgrund der hohen Baupreis- und Zinssteigerungen kaum noch Auftragseingänge. Obendrein plant die Politik eine Rohstoffabgabe für Sand und Kies ab 2024, die LKW-Maut wird erhöht und es werden hohe Gebühren für kurzfristige Einsätze von Autokränen sowie Hubwagen in Innenstädten verlangt. Die tüchtigen Familienunternehmer vor Ort werden diese unsinnige Kosten- und Bürokratietreiberei nicht mehr lange hinnehmen, so dass selbst bei guter Auftragslage zunehmend Betriebsschließungen mit gravierenden gesellschaftlichen Folgen zu erwarten sind.”

Handwerke für den Gewerblichen Bedarf: Hier hat sich die Geschäftslage erheblich verschlechtert. Gerade einmal 76 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer aktuellen Situation zufrieden (Herbst 2022: 86 Prozent). Nur im ersten Corona-Herbst 2020 sah es mit 72 Prozent noch schlechter aus. Umsatzzuwächse gab es nur für 19 Prozent der Betriebe, mehr Aufträge für 18 Prozent. Die Auftragsreichweite beträgt 9 Wochen (Herbst 2022: 10,5 Wochen). Die Zahl der Beschäftigten ist zwar bei 12 Prozent der Unternehmen gestiegen, doch bei 28 Prozent gesunken. Höhere Preise konnten nur 40 Prozent am Markt durchsetzen. Gestiegenen Investitionen bei 22 Prozent der Betriebe stehen Rückgänge bei 32 Prozent gegenüber. Die Erwartungen für eine gute Entwicklung bis zum kommenden Frühjahr liegen bei 71 Prozent.

KFZ-Handwerk: Diese Gewerksgruppe gehört mit 89 Prozent (Herbst 2022: 89 Prozent) zu den TOP 3. Mehr Aufträge gab es für 30 Prozent der Betriebe (gesunken: 18 Prozent), mehr Umsatz für 26 Prozent (Rückgänge: 32 Prozent). Deutlich stärker als anderswo sind die Verkaufspreise gestiegen – bei 77 Prozent der Unternehmen (gesunken: 5 Prozent). Von Zuwächsen bei den Mitarbeiterzahlen berichten 23 Prozent der Befragten, 30 Prozent von Reduzierungen. Die Auftragsreichweite ist mit 3,2 Wochen merklich geringer als im übrigen Handwerk. Zusätzlich investieren mussten 33 Prozent der Betriebe – so viele, wie in keiner anderen Gruppe. Die Erwartungen für das nächste halbe Jahr sind mit 78 Prozent vergleichsweise positiv.

Nahrungsmittelhandwerke: Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage ist hier mit 68 Prozent wieder rückläufig (Herbst 2022: 62 Prozent, Frühjahr 2023: 75 Prozent). Auftragsrückgänge gab es für 32 Prozent der Betriebe, nur 11 Prozent konnten ein Plus verbuchen. Die Verkaufspreise sind bei 47 Prozent der Unternehmen gestiegen, nirgendwo gab es Preissenkungen. Trotz hoher Inflation ist der Umsatz bei 42 Prozent der Befragten gesunken. In 42 Prozent der Unternehmen gab es Mitarbeiterzuwächse, in 26 Prozent Rückgänge. Für die nächsten sechs Monate rechnen 89 Prozent der Unternehmen damit, dass sich ihre Lage nicht verschlechtern wird – so viele wie in keiner anderen Gewerbegruppe.

Gesundheitshandwerke: Hier ist die aktuelle Geschäftslage mit nur 58 Prozent (Herbst 2022: 65 Prozent) am schlechtesten. Gerade einmal 16 Prozent verzeichneten im vergangenen halben Jahr Auftragszuwächse, jedoch 64 Prozent Rückgänge. Höhere Umsätze haben nur 12 Prozent verbucht, 62 Prozent niedrigere. Mehr Investitionen tätigten 23 Prozent, weniger 50 Prozent. In keinem einzigen Unternehmen wurden zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, dafür gab es bei 35 Prozent weniger Beschäftigte. Preissteigerungen gab es nur bei 44 Prozent. Die Auftragsreichweite liegt bei nur 1,8 Wochen und ist damit erheblich geringer als in jeder anderen Gewerbegruppe. 54 Prozent der Betriebe aus dieser Gruppe erwarten, dass sich ihre Geschäftslage nicht weiter verschlechtern wird.

Personenbezogene Dienstleistungen: Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage ist hier oftmals schlechter, und insbesondere seit der Corona-Pandemie stark schwankend. Doch in dieser Herbst-Umfrage wird die Geschäftslage von 80 Prozent der Betriebe gut bis zufriedenstellend eingeschätzt. Die Konjunkturindikatoren sind dennoch schwach. Gerade bei der Auftragslage und dem Gesamtumsatz bleibt der Anteil der Betriebe, die einen Anstieg verzeichneten (10 Prozent und 18 Prozent), deutlich hinter denen zurück, die von Rückgängen berichten (jeweils 31 Prozent). Ihre Verkaufspreise haben 46 Prozent der Unternehmen erhöht, nur 6 Prozent gesenkt. Die Auslastung von 71 Prozent ist branchentypisch sehr gering und wird nur von den Gesundheitshandwerken unterboten (70 Prozent). Gleichwohl fällt die Erwartung für die kommenden Monate recht positiv aus – 84 Prozent rechnen mit einer guten Entwicklung.

Den Konjunkturbericht Herbst 2023 und die Sonderumfrage (Bürokratiebelastung im Handwerk) finden Sie unter:

hwk-do.de/konjunktur